"Es muss sich was ändern!" hört man es häufig von zukünftigen AfD-Wählern bei den kommenden Landtagswahlen im Osten Deutschlands. Aber was genau, das können diese Menschen nicht artikulieren.
"Wir leben in einer Diktatur" hört man es ähnlich häufig von zukünftigen AfD-Wählern bei den kommenden Landtagswahlen im Osten Deutschlands.
Einige dieser Menschen mögen in der Diktatur namens DDR Erfahrungen gesammelt haben und verklären diese dennoch als die bessere Demokratie. Das Einzige jedoch was dort besser war als im heutigen Deutschland: Die DDR hat ihren Bürgern ein Rundum-Sorglos-Du-Musst-Dich-Nicht-Kümmern-Paket vermittelt, um den Preis von so gut wie allen Freiheiten - der Meinungs-, der Reise-, der Religions-, der Wahlfreiheit und generell der Freiheit, so leben zu können, wie es einem in den Kram passt. Ich habe selbst - aus beruflichen Gründen - zeitweilig in einer anderen Diktatur gelebt. Überwachung & Kontrolle z.B. in Form von geöffneter Post und Telefonabhörung, wobei man sich nicht einmal besondere Mühe gab, sie zu verbergen, hinzu kam Korruption, all das waren nur die kleinen Übel, die im Alltag wahrnehmbar waren. Ganz zu schweigen von dem, was im Hintergrund so lief: Erpressung, Folter, Verwehrung einer ordentlichen Gerichtsbarkeit inklusive Unabhängigkeit von Gerichten und einem geregelten Instanzenweg, und einiges mehr, was geeignet ist, jeglichen Freiheitsdrang zu beschneiden.
Das Furchtbare ist: Diese Menschen wollen mit der sosehr herbei gesehnten Veränderung ihre Diktatur zurück. Und nicht nur die DDR, denn dafür würde es reichen, das neugegründete BSW zu wählen. Nein, sie wollen die Nazidiktatur. Sie hat das Leben so einfach gemacht. Sie hat definiert, was sein darf, und hat alles, was anders ist, als nicht erlaubt definiert. Einschließlich ganzer Bevölkerungsgruppen.
Ich ertappe mich immer häufiger bei dem Gedanken, inwieweit es nicht besser gewesen wäre, es 1990 bei zwei deutschen Staaten zu belassen. Gerade auch mit der jüngst aufgeflammten Diskussion darüber, dass eine historische Chance verpasst worden sei, das vereinigte Deutschland auf solidere Füße zu stellen, indem eine neue, gemeinsame Verfassung ausgearbeitet worden wäre, worin das Beste aus DDR und BRD eingearbeitet hätte werden können. Letztlich geht diese Forderung an der damaligen Realität vorbei. In BRD-Teil Deutschlands wäre eine neue Verfassung, die das Grundgesetz ersetzt, in der Bevölkerung kaum durchsetzbar gewesen. Das, was heute gerne zitiert wird, was am DDR-Teil Deutschland gut war (Recht auf Arbeitsplatz, Kinderbetreuung u.a.) stellt keinen Inhalt für eine Verfassung dar, sondern eine Ausgestaltung von Alltagsgesetzen. Hätte man zwei deutsche Staaten belassen, hätte sich die Bevölkerung der DDR eine eigene Verfassung geben müssen, sich also damit auseinander setzen müssen.
Die Auseinandersetzung mit einer Verfassung ist jedoch nicht erfolgt, und auch die Auseinandersetzung mit dem Grundgesetz fand für die damalige DDR-Bevölkerung nicht statt, was im übrigen von jedem Migranten, der sich heute in die Bundesrepublik Deutschland einbürgern will, verlangt wird.
Wer heute die AfD wählt, setzt unser Grundgesetz auf's Spiel - und ich unterstelle, das kann nur derjenige leichtfertig tun, der dazu keinen Bezug hat, der sich nie damit ernsthaft auseinander gesetzt hat. Wer heute die AfD wählt, träumt klammheimlich von einer Diktatur a la Russland und vielleicht sogar von einem Diktator Putin. Und wer Putin nicht für einen Aggressor hält, der Kriege anzettelt, um zu vermeintlich früherer, russischer Größe zurück zu finden, der träumt am Ende von einem neuen großen Krieg.
Unfreiwillig beigeflichtet
Nie hätte ich gedacht, dass ich diesem Politiker einmal uneingeschränkt beipflichten muss:
„Man hat jahrelang darüber diskutiert, dass die Leute sich zu wenig an der Politik beteiligen und zu wenig interessieren. Und jetzt, wo das etwas dynamisch läuft, sind alle gleich wieder erschrocken. Zum Teil sogar hilflos.“
Horst Seehofer zum Video Die Zerstörung der CDU des Youtubers Rezo, nach der Europawahl am 26.05.2019https://www.morgenpost.de/politik/article225473047/Rezo-und-CDU-Will-Kramp-Karrenbauer-Youtuber-regulieren.html
Natürlich darf man auch vor einer Wahl seine Meinung verkünden. Schließlich wird ja auch niemandem verboten, vor einer Wahl am Stammtisch zu politisieren.
Auch Youtuber dürfen das. Und – Achtung! – sie sind keine Journalisten, Redakteure, die zur ausgewogenen Darstellung der Meinungsvielfalt per Staatsvertrag verpflichtet sind.
Genau so funktioniert Meinungsbildung auch zu Hause, am Stammtisch, im Freundeskreis: pointierte Reflexion, was versprochen wurde, was gehalten wurde – und wie es gehalten wurde. Im lockeren politischen Diskurs beim Familienfest wird zugespitzt, reduziert, werden Witze gerissen, und wird nicht selten auf sachliche Präzision verzichtet.
Es ist definitiv ein Schritt voran, wenn junge Erwachsene sich Ihrer staatstragenden Rolle als Wähler bewusst werden und sind, und sich entsprechend äußern, ohne gleich die Gewaltkeule zu schwingen. Damit MUSS man als Politiker umgehen können, das Spielen der beleidigten Leberwurst ist dann einfach nur lächerlich.
Abgesehen davon scheinen einige Menschen der Welt junger Erwachsener völlig entfremdet: Die Kunstform eines YT-Zerstörungsvideos wird völlig missverstanden, die Welt der Kommunikation und Informationsbeschaffung in dieser Generation scheint unbekannt oder wird ignoriert – frei nach der Devise „was es früher nicht gab, ist jetzt auch nicht relevant“.
Die 2. Wahl – Hoffnung
Unpolitisch, unengagiert, Bildung verweigernd, unwissend, wird verleumdet die Jugend, von denen sie regiert. |
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Jetzt demonstrierend, am Freitag für Zukunft. Und sonst für Vernunft, 23.000 aktivierend. |
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Wissenschaft appelliert mit Fakten, bekannt seit langem, verkannt, systematisch negiert. |
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Den Profis überlassen! Kommt von Politikern Hohn ihren Kritikern, und Ohrfeigen verpassend, |
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unfassbar ihr Handeln, selbst nicht professionell, Altwähler generell mit Watte ummanteln. |
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Doch die sterben fort, wie ihre Technologien, trotzdem sie ziehen zu ihrer Macht Hort. |
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Und diese Hybris! Auf Objektivität zu pochen, bei anderen hochkochen, wenn Quellen ungewiss, |
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selbst souverän Fakten ausgeblendet, umgedeutet, verblendet, Konsequenzen nicht seh’n. |
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Endlich verkündet die Jugend, mit lauter Stimme modern ihre Meinung, dabei gern die Regierung provozierend. |
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Nur verbal, nicht radikal, nur entlarvend, mit Logik entwaffnend, spitze Rhetorik, degradierend zur letzten Wahl. |
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Was kommt von Regenten? Schmollen mit Irrationalem, Meinungsfreiheit vor Wahlen im Netz zu beschränken. |
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Artikel 5 im Grundgesetz! Gerade die 70 gefeiert, jung wie nie, und leitet, entlarvt das Geschwätz. |
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In anderen Ländern die Wahlen manipuliert durch soziale Bots, einseitige Radikalität des Worts, völlig ins Abseits geraten. |
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Doch Jugend denkt noch, mischt sich ein, traut sich wieder, Dinge zu sagen, etwas gegen die Etablierten zu wagen, wir können so wahnsinnig froh DARÜBER sein! |
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IPa |
Ökosysteme
Ökosystem – das ist DAS Schlagwort, das heute für jeden mehr oder weniger großen Mikrokosmos der menschlichen Interaktion beschreibt. Besonders beliebt ist der Begriff für Gründerszenen, aber auch in anderen Zusammenhängen taucht er auf.
Interessant wird der Begriff erst, wenn man das eigene Ökosystem einmal verlässt. Nicht nur kurz, sondern für mehr als einen Monat. Kehrt man zurück, bewertet man die Interaktionsmechanismen ganz neu, denn man stellt fest, andere Ökosysteme funktionieren ganz anders. Und funktionieren auch. Erstaunlicherweise.
Als ich zu Beginn der 2000er Jahre nach meinem einjährigen Aufenthalt aus Vietnam zurück kam, stellte ich fest, dass ich mich sehr daran gewöhnt hatte, dass ich keinen Preis für etwas, was ich erwerben wollte, akzeptieren sollte, sondern stattdessen mit dem Anbieter von Angesicht zu Angesicht verhandeln sollte. Ich stellte bei meiner Rückkehr fest, dass das hierzulande völlig aus der Mode gekommen ist – obwohl die theoretischen Voraussetzungen, eine Lockerung von Preisbindungen , durchaus gegeben und sogar intensiviert worden waren. Theoretisch bestand also die Möglichkeit, im Supermarkt oder im Warenhaus zu verhandeln. Aber wer machte das schon, wer wollte sich die Zeit dafür nehmen?
Ich gewöhnte mich erstaunlich schwer wieder daran. Denn es drängte sich mir das Gefühl auf, dass es nicht mehr darum geht, einen Kunden glücklich zu machen. Mein Gefühl sagte im Gegenteil, dass der Kunde eine Hochleistungskuh ist, die dazu da ist, permanent gemolken zu werden.
Im Anschluss an meine Rückkehr – ich kam im Frühsommer zurück – machten wir eine zweiwöchige Rundreise durch den Schwarzwald, völlig ohne Vorabbuchung. Und auch ohne Zelt, den zelten stellt für mich keinen Urlaub dar, da ich es nicht leiden kann, mir im Urlaub das Frühstück selbst zubereiten und zu den Duschen und Toiletten eine Wanderung einplanen zu müssen.
Wir suchten uns also Hotels oder Pensionen und logierten ein paar Tage hier oder da und zogen dann wieder weiter. Da ich nicht sofort meine vietnamesische Verhandlungshaut abstreifen konnte, verhandelte ich die Hotelzimmerpreise. Ich ging vor wie in Vietnam: Ich fragte an der Rezeption, ob man im Hotel noch ein Zimmer habe, und wenn ja, bat ich darum, es sehen zu dürfen. Das tat ich dann. Im Zimmer ließ ich mir sagen, was es kosten sollte und schlug dann – in aller Regel mit meinem verschmitztesten Lächeln, das ich so drauf hatte – einen günstigeren Preis vor. Beim ersten Versuch sah ich meinem Mann schon an, dass er sich jetzt am liebsten verkriechen und am liebsten zum Ausdruck bringen würde, er gehöre nicht zu mir.
Nicht minder groß war sein Erstaunen, dass das funktionierte! Ein Hoch auf die Schwarzwälder Hotelrezeptionisten, die offensichtlich Entscheidungsbefugnis hatten und auch wahrnahmen!
Im selben Jahr bereitete mir der vorweihnachtliche Umtrieb physische Schmerzen. Ich kam mir nicht mehr nur wie eine Kuh vor, sondern wie Teil einer Masse, die es auszuquetschen galt und nahezu schon ausgequetscht war, wenn es in den Medien darum ging, die Umsätze beim Weihnachtsshopping zu prognostizieren und eventuelle Rückgänge und das Darben der Handelsindustrie zu bejammern. Ich kann mich bis heute noch nicht dafür erwärmen, dem darbenden Handel meine vorweihnachtlichen Einkünfte zu spendieren, sondern unterstütze lieber geeignete Hilfsorganisationen.
Ich kaufe auch heute noch lieber gerne Sachen, die die nächsten 20 Jahre halten – und werde leider immer weniger fündig. Selbst beim Auto wird es schwierig, solide Arbeit zu finden. Belastete Teile wie Zahnräder oder Hülsen, z.B. bei Fensterhebern, werden aus Kunststoff gefertigt, der nach nahezu vorhersehbar wenigen Jahren bricht, ganz gleich, wie teuer das Fahrzeug war. Stoßstangen werden in Fahrzeugfarbe lackiert, was ihnen ihre Funktion nimmt, denn der kleinste Stoß führt zu einem Kratzer, der zum Ersetzen der ganzen Front oder des Hecks führt. Kostenpunkt je nach Fahrzeug zwischen 500 und 2000 Euro.
Und jetzt wieder zurück zum Ökosystem: mit Hilfe der modernen Technologien wird Jagd auf Daten gemacht, die unser Verhalten, unsere Vorlieben offenlegen. Es wird danach getrachtet, uns personalisierte Werbung einzublenden, und – ganz analog – uns in Zeiten von Wahlen nur mit denjenigen Meinungen zu konfrontieren, die wir eh schon haben.
Wenn wir uns auf dieses Spiel kollektiv einlassen, und so sieht es derzeit aus, dann werden wir wirklich zu dieser tumben Masse, die ein paar wenige haben wollen, um sie so richtig, ordentlich ausquetschen zu können. Eine Masse, die verlernt hat, zu hinterfragen. Die verlernt hat, in Frage zu stellen. Die verlernt hat, ihre Meinung zu ändern und dazu zu lernen.
Wir werden dann in Schubladen, Ökosysteme, Mikrokosmen verschoben, so wie es z.B. Marktforschungsinstitute schon viele Jahre machen, und können nie wieder daraus entkommen.
Meinungsbildung wird verknappt und kostbar. In der großen Masse werden Meinungen statisch, ein Lernen findet nicht mehr statt. Meinungen werden zementiert. Auf diese Weise tragen moderne Medien, die sich auch soziale Medien nennen, dazu bei, dass ein soziales Miteinander aus der Mode kommt, Konfrontation geschürt wird, und sich damit Demokratie und ihr wesentlicher Freiheitsbegriff – die demokratische Diskussion – leise verabschieden.
Ich habe früher oft gedacht, es ist schade, wenn ich einst sterben werde, da ich dann die tollen nächsten Entwicklungen und Entdeckungen nicht mehr mitbekommen werde. Heute denke, es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass ich am Ende meiner Tage keine Lust mehr habe, diese Entwicklungen und ihre Auswüchse weiter erleben zu wollen. Vor allem werde ich möglicherweise froh sein, mich nicht mehr als geschundene Hochleistungskuh zu fühlen.
Das einjährige Wechseln in ein anderes Ökosystem hat mir die Angst davor genommen, Dinge anders zu machen, als andere, also die Angst vor Veränderung. Denn eins ist klar: Dinge können auch anders gut funktionieren, vielleicht sogar besser.
Wenn ich mir den aktuellen Wahlkampf betrachte, dann ist eines auch offensichtlich: Für gravierende Veränderung steht keiner der Kandidaten und keine der Parteien, am ehesten für minimal inkrementelle. Selbst wenn sie wollten, erst einmal gewählt, finden Sie ein Ökosystem vor, das von einer ganzen Reihe von Mitspielern dominiert wird, die ein Interesse daran haben, dass keine Veränderung stattfindet. Und so wird im Vorfeld der Wunsch nach Veränderung gar nicht erst geäußert, um den Aufschrei – den Shitstorm – zu vermeiden. Die ultra-rechten oder -linken Flügel sind hiervon am allerwenigsten ausgenommen. Den sie haben sich bereits jetzt als unfassbar meinungszementierend, lernunfähig und Veränderungsängste schürend erwiesen. Die Fähigkeit, neue Lösungen zu entwickeln, die die Interaktion in unseren Ökosystemen verbessern, ist nicht vorhanden.
Verbesserung ist immer auch Veränderung braucht immer auch Demokratie ist immer auch demokratische Diskussion ist immer auch Freiheit.