Unfreiwillig beigeflichtet

Nie hätte ich gedacht, dass ich diesem Politiker einmal uneingeschränkt beipflichten muss:

„Man hat jahrelang darüber diskutiert, dass die Leute sich zu wenig an der Politik beteiligen und zu wenig interessieren. Und jetzt, wo das etwas dynamisch läuft, sind alle gleich wieder erschrocken. Zum Teil sogar hilflos.“

Horst Seehofer zum Video Die Zerstörung der CDU des Youtubers Rezo, nach der Europawahl am 26.05.2019
https://www.morgenpost.de/politik/article225473047/Rezo-und-CDU-Will-Kramp-Karrenbauer-Youtuber-regulieren.html

Natürlich darf man auch vor einer Wahl seine Meinung verkünden. Schließlich wird ja auch niemandem verboten, vor einer Wahl am Stammtisch zu politisieren.

Auch Youtuber dürfen das. Und – Achtung! – sie sind keine Journalisten, Redakteure, die zur ausgewogenen Darstellung der Meinungsvielfalt per Staatsvertrag verpflichtet sind.

Genau so funktioniert Meinungsbildung auch zu Hause, am Stammtisch, im Freundeskreis: pointierte Reflexion, was versprochen wurde, was gehalten wurde – und wie es gehalten wurde. Im lockeren politischen Diskurs beim Familienfest wird zugespitzt, reduziert, werden Witze gerissen, und wird nicht selten auf sachliche Präzision verzichtet.

Es ist definitiv ein Schritt voran, wenn junge Erwachsene sich Ihrer staatstragenden Rolle als Wähler bewusst werden und sind, und sich entsprechend äußern, ohne gleich die Gewaltkeule zu schwingen. Damit MUSS man als Politiker umgehen können, das Spielen der beleidigten Leberwurst ist dann einfach nur lächerlich.

Abgesehen davon scheinen einige Menschen der Welt junger Erwachsener völlig entfremdet: Die Kunstform eines YT-Zerstörungsvideos wird völlig missverstanden, die Welt der Kommunikation und Informationsbeschaffung in dieser Generation scheint unbekannt oder wird ignoriert – frei nach der Devise „was es früher nicht gab, ist jetzt auch nicht relevant“.