Schrei die Wand an!

Jeden Tag könnte ich schreien – und es liegt nicht nur am Übersee-Narziß.

Sechzehn Minister einer großen Koalition, davon drei aus der CSU, die dieselbe gerade in Frage stellt, also rund neunzehn Prozent. Sauber!

Das muss man erst einmal hinbekommen: Als Regionalpartei antreten, bezogen auf die Gesamtwählerschaft Deutschlands leicht über sechs Prozent Stimmenanteil erzielen, sich dann fett mit drei Ministern zu neunzehn Prozent in der Großen Koalition einquartieren, obwohl man auch in der Gesamtheit der Regierungskoalition nur etwas über elf Prozent repräsentiert.

Hund san des!

Und dann auch noch offen bayerische Politik in Berlin machen, es nicht einmal ansatzweise zu verbergen suchen, dass man keine Minute lang, mit keiner Faser auch nur im Entferntesten daran denkt, etwas anderes als bayerische Politik zu machen. Und jetzt auch noch damit die aktuelle Bundesregierung in Frage stellen!

Das ist an Egoismus nicht zu überbieten und schlägt sogar den Übersee-Narziß.

Es wird Zeit, mit der bayerischen Überrepräsentanz aufzuräumen. Damit endlich mal etwas voran geht! Würden sowohl CDU als auch CSU in allen Bundesländern antreten, dann wäre es mit der bayerischen Übermacht endlich Essig.

Dann würden auch mal Rheinländer CSU-Abgeordnete mitreden, wenn es darum geht, die Verkehrsinfrastruktur weiter zu entwickeln, und den Ausbau und die Teilvertunnelung der Rheinschiene voran treiben, die bei den CSU-Verkehrsministern der letzten Jahrzehnte (Jawoll, Plural!) aus der Schublade nicht heraus kam, weil sie Bayern ja nicht nützt, sondern vielleicht sogar der bayerischen Autoindustrie oder sonstwem in Bayern schadet. Denn während die Niederlande, die Schweiz und Italien damit fertig sind, und die Hafenachse Genua-Rotterdam bereits freigegeben haben, müssen die Güterzüge durch’s überlastete, deutsche Rheintal schleichen.

Italien! Wir (die Deutschen) müssen sich von den Italienern zeigen lassen, wie man ein Großprojekt zu Ende bringt!

Aber es sind eben keine Bayern, die unter dem Rheinschienenlärm leiden und deren Anwesen einen immensen Wertverlust erlitten haben. Nein, die modernisierte und ausgebaute Rheinschiene würde viele Nutzgüter auf die Schiene verlagern können, weg von der Straße. Und das schadet – zumindest in Teilen – der bayerischen Autoindustrie.

Aber anstelle der wirklich wichtigen Verkehrsinfrastrukturprojekte wurden solche voran getrieben, mit denen entweder keiner gerechnet hat, weil sie keiner braucht (Reform des Punktesystems bei Verkehrsordnungswidrigkeiten und -delikten, Reform der Fahrzeugkennzeichen), oder aber die kaum jemand wollte, weil sie auch wirtschaftlich sinnlos sind (PKW-Maut).

Und jetzt diese Gefahr für die innere Sicherheit namens Seehofer.

Der sich vom Politterroristen Söder vor sich hertreiben lässt. Der Seehofer hat schon immer schnell sein Fähnchen gewendet, ein echter Populist. Immer gewahr, wo der Plebs am Stammtisch lamentiert. Aber da hat ihm der Söder den Rang abgelaufen, quasi entmachtet. Was liegt da näher, als den Frust über die Niederlage weiter zu geben und andere dafür verantwortlich zu machen? Die Merkel, die CDU, die anderen Parteien, und besonders die Existenz der AfD. An der eigenen, bescheuerten, durch Unterlassung glänzenden Bundespolitik liegt’s nie, nö?

Ja, soll jetzt ganz Deutschland warten und leiden, bis die Bayern da heuer gewählt haben? Warum lassen wir das mit uns machen?

Wer weiß denn schon, was hinter diesem ominösen Masterplan des Seehofer steckt? Vielleicht einfach nur der Plan, wie man am besten eine politische Vertrauenskrise herbei führt. Selbst wenn die CSU dadurch die Landtagswahl in Bayern erneut mit absoluter Mehrheit gewinnen würde, eine Schwächung der bundesdeutschen Regierung kann nur von äußerst kurzsichtigen bayerischen Politikern gewollt sein. Aber, wer weiß, vielleicht spekuliert man in der Staatskanzlei nach langer Zeit wieder auf den Kanzlerposten?

Nur darf man sich dabei nicht verrechnen, das ist schon einmal grandios gescheitert. Aber vielleicht wäre eine entsprechende Kanzlerkandidatur auch etwas Heilsames: die Mehrheit der Wähler wüsste wieder ganz genau, was sie nicht wählen wollen.

Lasst uns wieder echte Demokratie herstellen – Schluss mit dieser halbseidenen Union. Gleiches Recht für alle: CDU und CSU in allen Bundesländern!

Wer weiß, vielleicht würde sich dann auch die AfD wieder in Luft auflösen. Die Konservativen rechts-außen hätten dann überall im ganzen Land wieder eine demokratische Heimat. Und eines kann man selbst der CSU nicht vorwerfen, dass sie antidemokratisch und mit Nazis durchsetzt wäre.